Anmerkung der Übersetzerin: Heute darf ich ausnahmsweise den ganzen Artikel allein schreiben. Es geht um einen Waldspaziergang und die dabei drohenden Gefahren.
Das Frollein Frieda und ich waren spazieren. Im Wald. Am etwas späteren Nachmittag. Das erzähle ich Ihnen alles, weil „Dämmerung“, „Wald“ und „Angst“ wichtige Stichworte für die folgende Geschichte sind.
Meine Gedanken haben genauso stattgefunden, wie ich sie gleich beschreibe. Was in Friedas Hundekopf vorgegangen ist, kann ich nur mutmaßen, habe aber aufgrund meiner Freundschaft mit einer äußerst kompetenten Hundetrainerin eine Vorstellung, was Frieda sich „gedacht“ hat.
Mit meiner Sicht der Dinge fange ich an, weil ich in Frollein Friedas Wahrnehmung überhaupt an allem schuld bin. Aber lesen Sie selbst:
Der Waldspaziergang aus der Sicht des oberen Endes der Leine
Es ist ca. 15:30 Uhr, ich bin heute noch nicht gelaufen, habe Bewegungsdrang und plane deshalb einen ordentlichen Sonntagnachmittagsspaziergang. Also schnappe ich mir Frieda und marschiere mit ihr los. Unser Ziel ist ein Waldweg, den ich schon immer erkunden wollte.
Das Frollein Frieda läuft das erste Mal seit einigen Tagen ohne Leine. Sie hatte sich Anfang der Woche die Pfote vertreten, lahmte etwas und war deshalb bis heute im Schongang unterwegs.
Da sie aber direkt drauflosstürzt und meiner Ansicht nach auf mein „Hier! Jetzt!“ nicht schnell genug reagiert, habe ich sie wieder an die Leine genommen. Erstens muss sie sich ja nicht gleich wieder verletzen und zweitens wimmelt es in Dankelshausen und Umgebung nur so von Hochsitzen. Die Gefahr, dass irgendein schießwütiger Jäger meinen schwarzweißen Hund für einen kapitalen Hirsch hält, ist mir zu groß.
Wir sind noch nicht lange unterwegs, als es beginnt zu dämmern. Ich denke bei mir, wie schön es doch wäre, wenn ich einfach ohne ein ängstliches Gefühl durch einen dunklen oder dämmrigen Wald laufen könnte. Es gruselt mich nämlich in der Dunkelheit. Nein, ich habe keine Angst vor Mördern und Gesindel, ganz im Gegenteil: Käme jemand mit einem Messer aus dem Gebüsch gesprungen, würde ich ihn wahrscheinlich freudig mit „Ach, wie schön, dass Sie es sind!“ begrüßen, bevor ich ihn umhaue. Meine Angst gilt wilden Tieren, vor allem Werwölfen und anderen fiesen Mutationen. Und jeder weiß, dass es in deutschen Wäldern von denen nur so wimmelt.

Während ich so vor mich hin denke, gehe ich weiter und halte mich für relativ entspannt. Aber jetzt fängt das Frollein Frieda an, seltsame körpersprachliche Signale zu zeigen: Ohren hoch, Rute unten, der ganze Hund steif, hektische Blicke nach hinten… Ich denke: „Achduliebemeinegüte, was hat sie denn?“
Immerhin weiß ich, dass auch Frieda nicht das wagemutige Modell ist und vermute zunächst andere Spaziergänger, vielleicht mit Hund, oder Waldarbeiter. Manchmal reicht ihr allerdings schon ein grimmig dreinschauender Baum oder ein aufspringender Grashalm, um sich zu erschrecken.
Also schaue ich ebenfalls nach hinten. Nichts. Ich gehe weiter. Frollein Frieda wird noch steifer und strebt in die Gegenrichtung. Ich zerre an meinem Ende der Leine. Und überlege derweil, warum sie so gar nicht dahin will, wohin ich versuche zu gehen. Ist da vielleicht doch etwas?

Ich bin inzwischen etwas genervt. Immerhin handelt es sich bei Frieda um einen Tornjakmix. Tornjaks sind kroatische Herdenschutzhunde, Ihr Job ist es, die ihnen anvertraute Herde vor Wölfen und Bären zu beschützen. Ein Hund mit ca. 60 cm Schulterhöhe und 35 kg Körpergewicht (die Tornjakdamen) vertreibt also einen sehr viel größeren und schwereren Bären. Mein Tornjakmix hat Angst vor der Herde und beschützt nichts außer sich selbst.

Also muss ich mir wahrscheinlich gleich 33 Kilogramm Frieda unter den Arm klemmen und mit ihr vor der Wildsau flüchten.
Meine lästerlichen Gedanken sind Frieda egal. Sie strebt mit immer größerer Kraft dorthin zurück, wo wir hergekommen sind. Da ist es jetzt aber noch dunkler, und ich sehe überhaupt nicht ein, das zu tun, was mein Hund will. Jetzt erst recht nicht!
Da! Aus einem Seitenweg kommen zwei Spaziergänger mit einem unglaublich gefährlich aussehenden blonden Labrador. Alles wird gut. Das war der Feind. Jetzt können wir wahrscheinlich in einem normalen Tempo weitergehen.
Kurz darauf treffen wir noch auf einen sehr engagiert sein Frauchen beschützenden (Frieda, du liest hier hoffentlich mit!) schwarzen Schäferhund. Sicherheitshalber nehme ich Frieda auf die andere Seite, um sie notfalls meinerseits beschützen zu können.
Ich gebe es zu: Ein bisschen neidisch auf das Schäferhundfrauchen bin ich schon…
Frollein Friedas Version der Geschichte präsentieren wir morgen. Bleiben Sie bei uns!