„Hier“, das ist Treseburg im Ostharz, bei Thale. Und so dunkel wie auf dem Bild ist es auch nur nachts und frühmorgens. Aber dann richtig. Wenn wir abends noch einmal Gassi gehen, muss die Übersetzerin mit ihrem Handy leuchten, sonst würden wir gar nichts sehen. Mir ist das ja egal. Was ich nicht sehe, kann mich auch nicht angreifen. Aber komisch ist es schon, wenn ich das Gefühl habe, dass es der Übersetzerin genauso unheimlich ist wie mir. Deswegen verkneife ich mir spätabends auch das Rausgehen und halte bis morgens auf. Dann geht es wieder, und wir gruseln uns beide nicht so.

Wir sind hier übrigens im sogenannten „Sagenharz“, ganz in der Nähe von Hexentanzplatz und Roßtrappe. Ich habe natürlich keine Ahnung, was das sein soll, aber die Übersetzerin ist von dem ganzen mystischen Kram völlig hin und weg. Andauernd bleibt sie stehen und fotografiert und murmelt in sich hinein. Abends zündet sie Kerzen und stinkende Stäbchen an (nein, keine Zigaretten! Die stinken ja noch viel mehr. Ich glaube, ihre Stäbchen sind auch nicht so ungesund.), hat auf dem Tisch allen möglichen Kram gesammelt und will damit Rauhnächte feiern. Naja, soll sie. Tut ja keinem weh. Außerdem hat sie mir gesagt, ich wäre ihr Hexen- und Seelenhund, und ich finde, das klingt so, als wäre ich voll wichtig. Wuff. Bin ich auch. Wuffwuff!
Wie Sie merken, haben wir doch Weh-Lahn. Erst dachten wir ja, dass wir von der Außenwelt abgeschnitten wären. Ist aber ganz gut, dass wir uns ab und zu bei unseren Leuten melden können. Sonst denken die noch, wir wären in diesem Harz verlorengegangen.
Wir sind schon ganz viel gewandert, immerzu geht es rauf und runter und an irgendwelchen Abhängen vorbei. Wenn ich da zu dicht rangehe, wird die Übersetzerin immer ganz panisch. Ich glaube, die hat Höhenangst. (Anmerkung der Übersetzerin: Ja. Hat sie. Und Hunde, die sich genau die Abbruchkante zum Pinkeln aussuchen, machen mir Stress!) Jedenfalls ruft sie mich dann immer herbei und schimpft vor sich hin. Glücklicherweise schimpft sie nicht mit mir; das würde ich ja gar nicht verstehen. Aber erst vorhin hat sie zu mir gesagt: „Frieda, das muss doch wirklich nicht sein! Komm da weg! Ist so schon schlimm genug!“ Keine Ahnung, was sie daran schlimm findet. Ich bin gern oben. Wegen des Überblicks und weil ich sofort sehen würde, wenn sich ein feuerspeiendes Schaf nähert.
Jetzt sind wir aber schon zum vierten Mal die gleiche Strecke gegangen: Erst oberhalb der Straße, da geht es zu einer Seite runter und zur anderen rauf, dann an der Bode lang. Das ist so ein Flüsschen hier. Da sind wir auch teilweise ganz weit oben. Die Übersetzerin redet dann von „Deh-Sensibillisiehren“ und dass es jedes Mal ein bisschen wenigere schrecklich wäre. Aber ich glaube, bis sie es gar nicht mehr schrecklich findet, müssten wir noch mindestens einen Monat auf diesen Wegen hin- und herlaufen.

So. Sie wissen jetzt, dass es uns gut geht. Wir machen gerade Vormittagspause. Die Übersetzerin tippt wie verrückt, draußen regnet es, und wir sind beide ganz froh, dass wir hier drinnen bleiben und chillen können.
Sie lesen dann bald wieder von mir. Bis dahin haben Sie es schön, und seien Sie nett zu Ihren Hunden!