Ich bin ja bekanntlich ein Herdenschutzhund-Mix. Ein Elternteil war ein Tornjak, und von dem anderen weiß man nichts. Die Übersetzerin vermutet, es könnte ein Dalmatiner gewesen sein, weil ich so gern renne und wegen der Flecken unter meinem Fell. Man kann die sehr gut sehen, wenn ich mal auf dem Rücken liege.
Mir persönlich ist es völlig egal, wer meine Eltern waren. Ich habe ja jetzt die Übersetzer, Lolo und Luna. Die Nordhessen sagen „Schicket!“, wenn sie finden, dass etwas reicht. Genau. Schicket. Glücklicherweise sehe ich den Übersetzern und Lolo nicht ähnlich; so ganz ohne Pelz und wie blöde auf zwei Beinen herumtaumeln ist ja nicht sehr elegant.
Heute sind wir beim Spazierengehen sozusagen auf meinen Job getroffen. So ein Herdenschutzhund soll ja bekanntlich die Herden vor Wölfen und Bären beschützen. Allein, ohne dass ihm ein Zweibeiner hilft. Er soll auch alles ganz allein entscheiden. Und er muss genügsam sein, weil nicht zweimal am Tag jemand vorbeikommt und ihm Trockenfutter mit Hüttenkäse oder lecker rohem Ei zu fressen gibt.
Wikipedia weiß zu Herdenschutzhunden im Allgemeinen und mir im Besonderen Folgendes zu sagen:
Der Herdenschutzhund ist ein großer und kräftiger Hund, der für den Schutz und die Verteidigung der ihm anvertrauten Herde gegen Mensch und Tier gezüchtet wird.
Ein starkes Schutz- und Territorialverhalten gehören zu den herausragenden Eigenschaften des Herdenschutzhundes. Grundsätzlich wird alles Fremde innerhalb seines Territoriums zurückhaltend und misstrauisch betrachtet und bei dem geringsten Anflug einer Gefahr für die Herde verjagt, wobei die Strategie dieser Hunde eher in der defensiven Abwehr liegt. Das Territorium des als Familienhund gehaltenen Herdenschutzhundes umfasst für gewöhnlich nicht nur das mit dem Gartenzaun abgesteckte eigene Grundstück, sondern auch das weitere sichtbare Umfeld sowie häufig besuchte Plätze und Spazierwege.
Der Tornjak hat die typische Größe eines Hirtenhunds mit kräftigem Körperbau. Seine Aufgabe war es ja auch, die Herde gegen Beutegreifer wie Wolf und Bär zu verteidigen. Rüden erreichen eine Größe von 70 cm bei einem Gewicht von etwa 50 kg. (…) Vom Wesen sind die Hunde typische Herdenschutzhunde, eigensinnig im besten Sinne des Wortes, wehrhaft, selbstständig. Fremden gegenüber sind sie reserviert bis vorsichtig, nicht aggressiv. Sie kennen ihr Territorium und verhalten sich innerhalb anders als außerhalb.
Jetzt wissen Sie es. Und wenn Sie mal bei uns am Grundstück vorbeilaufen, wissen Sie auch, warum ich so einen Alarm mache und Sie besser nicht durch das Gartentörchen kommen. Es ist mir auch piepegal, ob Sie etwas bringen, ob Sie zu Besuch kommen wollen oder zur weitläufigen Verwandtschaft gehören.
Die Lolo hofft ja, dass ich nicht so ein Kraftprotz werde wie mein weitläufiger Verwandter auf dem Foto.
Aber mit dem Viehzeugs, was ich laut Wikipedia beschützen soll, habe ich ehrlich gebellt so gar keine Verträge. Eines der Schafe, die uns heute begegnet sind, muss das Kampfschaf Mathilde gewesen sein. Wir standen vor dem Zaun, und dieses riesige Biest stampfte dreimal mit dem Vorderhuf auf. Ich habe mich vielleicht erschreckt! Konnte aber nicht wegrennen, weil die Übersetzerin mich an der Leine hatte. Sicherheitshalber bin ich so weit zurückgewichen, wie die Leine das zuließ.
So ein Vieh muss doch nicht beschützt werden! Und schon gar nicht von mir – ich bin vielleicht halb so groß und schwer. Nene, da müssen die was falsch verstanden haben. Echt jetzt, ich verjage gern Besuch und beiße Briefträger, aber mit Schafen lasst mich bitte in Ruhe! Gucken Sie doch mal, wie aggressiv dieses riesige Tier mich angeguckt hat!
Ich habe es sogar mit Spielen versucht, aber das wollten die auch nicht.
Aber ich finde ja auch, dass bloß, weil sich jemand vor langer Zeit mal eine Stellenbeschreibung für Herdenschutzhunde ausgedacht hat, die Stelle noch lange nicht zu einem passen muss, oder?
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